Rümmelbacher klagten Gresaubacher an
So oder ähnlich würde es in unseren Tagen in der Zeitung stehen. Und die Vorwürfe, welche die Rümmelbacher gegen die Gresaubacher vorzubringen hatten, waren richtig heftig.
Dora Dimel, Handelsstudienrätin aus Saarlouis-Beaumarais, die sich um die Heimatgeschichte im Landkreis Saarlouis verdient gemacht hat, hat sich in einem Artikel, den Egon Gross (Lebach) 1978 in einem Heft des Lebacher Briefmarkenvereins anlässlich einer Sonderausstellung in Gresaubach zum Thema „Erzgruben“ veröffentlichen durfte, mit den aktenkundig gewordenen Prozessakten beschäftigt, welche durch Gresaubacher Übergriffe auf den Rümmelbacher Besitzstand an Wald und Erzgruben angehäuft wurden, beschäftigt.
Dora Dimel war übrigens neben dem Gründungsvorsitzenden, Dr. Andreas Mailänder aus Gresaubach, und vielen anderen wie den Lebachern Josef Jochum, Dr. Hans Rech, Hans Fritz und Klaus Altmeyer 1958 Gründungsmitglied der Vereinigung für die Heimatkunde im Landkreis Saarlouis geworden.
Nun war, wie Dora Dimel berichtet, die Lösung des über die Jahrhunderte schwelenden Konfliktes zwischen Rümmelbach und Gresaubach deshalb sehr schwierig, weil die Orte unterschiedlichen Herrschaftsgebieten zugeordnet waren. Rümmelbach gehörte als Teil der Vierherrschaft Lebach (unmittelbar dem deutschen Kaiser unterstellt) zum Hochgerichtsbezirk Lebach. Gresaubach war dagegen lothringisch (es wurde damit 1766 französisch; 1786 wurde es durch den Verkauf an Zweibrücken pfälzisch). Somit war es sehr schwierig, den Lebacher Gerichtsbeschlüssen im benachbarten Gresaubacher „Ausland“ zur Durchsetzung zu verhelfen.
Köstlich nachzulesen ist die Geschichte über den Lebacher Meier (in unseren Tagen würde man vielleicht Bürgermeister sagen), der sich mit seinen Schöffen (Gerichtsdienern) auf dem Rümmelbacher Bann auf die Lauer legte, um die Gresaubacher Erzräuber zu fangen. Das ist ihm aber nicht gelungen; sie entsprangen immer wieder über die lothringische Grenze. Nur die paar Habseligkeiten, welche die Gresaubacher auf der Flucht zurücklassen mussten, wurden auf dem Lebacher Markt zugunsten der Gerichtskasse versteigert.
Ein Ärgernis, so berichtet Dora Dimel, war auch, dass die Gresaubacher die Rümmelbacher Schiedbäume (Grenzbäume) einfach fällten und an den holländischen Schiffsbau verkauften. Dabei brachten die alten, mächtigen Eichen den Gresaubachern viel Geld ein. Und die Grenze zwischen Rümmelbach und Gresaubach wurde immer unklarer.
Wenn vor 400 Jahren die Schöffen und Bauern in den Tagen, da das feierliche Jahrgeding unter der Linde tagte, die Grenze des Bannes abgingen, dann nahmen sie die Kinder mit, denn sie, die Alten, wussten ja den Grenzverlauf des Bannes; aber es es galt, ihn auch den Kindern genau einzuprägen, damit er sicher und zuverlässig in seiner Unverückbarkeit auch von diesen weitergesagt werde. Und wer von den Buben an einem bemerkenswerten Punkt der Grenze gepackt und verprügelt wurde, der durfte das nicht als Züchtigung empfinden. Der besorgte Vater tat es, damit der Sohn an dieser Stelle stets an die einst dort empfangene Prügel – und an den Grenzverlauf denken sollte. Noch heute soll es angeblich der sesshafte Bauer unserer Gegend so machen mit seinem Sohn, wenn der Landmesser eine Parzelle seines Besitzes vermisst.
Klasse!
Lothar Schmidt
P.S.:
Verweisen möchte ich noch auf einen Artikel, nämlich „Spur der Steine„, und die Seite „Die Anfänge„, weil dort in einem Buch von Dr. Ilse Winter-Emden die Geschichte der Lebacher Erzgruben zu lesen ist.
Nachtrag:
Susanne Leidinger (Lebach) macht noch auf folgenden Vorfall aufmerksam, den Josef Jochum (Lebach) wohl im Rückgriff auf Dora Dimel (Saarlouis) niedergeschrieben hatte:
An Pfingsten 1718 zogen die Gresaubacher, wohl aufgrund eines kirchlichen Brauches, in andächtiger Prozession nach Tholey, wo zu Ehren des heiligen Wendalinus eine große Feier stattfand. Während also die Gresaubacher sich frommen Gefühlen hingaben, drangen Niedersaubacher Bauern in den Gresaubacher Bann ein und ernteten den noch unreifen Raps.
Als Rache für diesen Einfall erschienen 300 bewaffnete Männer aus Gresaubach, schnitten 260 Garben Korn, die als Entschädigung an die Gresaubacher Rapsanbauer verteilt wurden.