Volkstrauertag am Sonntag, 19. November

Hier ist das Meisterwerk zu bewundern, dass Edwin Reis aus einem verrotteten Steinklumpen herausgearbeitet hat (© E. Reis).

Werner Schmidt

Unglaublich, was Edwin Reis da geschaffen hat! Wunderschön!

Edgar Bastuck (1. Bildergalerie) und Manfred Mai (2. Bildergalerie) haben den Festakt am Volkstrauertag in der Antoniuskapelle fotografisch dokumentiert; dafür herzlichen Dank!

Volkstrauertag 2017 - Edgar Bastuck

Volkstrauertag 2017 - Manfred Mai

3 Gedanken zu „Volkstrauertag am Sonntag, 19. November

  1. Napoleonkreuz? Sicher nicht!

    Das Kreuz ist doch allem Anschein nach Barock. Wurde also einige Jahrzehnte vor 1813 gefertigt.
    Es hat jedenfalls keine Ähnlichkeit mit den Kreuzen in Rümmelbach oder in der Trierer Straße, beide um 1810 errichtet.
    Und warum sollten die Niedersaubacher Einwohner 1813, zum Andenken an die beiden Gefallenen, ein Kreuz im hintersten Ecken des Saubacher Bannes aufstellen? Dort, wo kaum kein Saubacher das Jahr über hingekommen sein dürfte. Sie hätten es doch sicher im Ortskern oder doch nicht weit davon entfernt aufgestellt.
    Viel wahrscheinlicher ist, dass das Kreuz für jemanden errichtet wurde der in der Nähe des alten Standortes verstarb.
    Und was die Inschrift betrifft, die gewisse Leute dort lesen wollen, dass scheint mir doch eher Wunschdenken zu sein. Jedenfalls ist durch die Restaurierung nun wirklich jede Spur einer Inschrift, die sich dort noch durch eine professionelle Suche hätte finden lassen, zerstört. Nicht in Ordnung finde ich auch, dass der Sockel einfach mal abschnitten wurde um ein neues Kreuz aufsetzen zu können.
    Wurde das mit den Denkmalschutzbehörden so abgesprochen?

    Aber, für wessen arme Seele das Kreuz auch immer errichtet wurde, so wurde es doch bewusst an diese Stelle an der Rennstraße gesetzt und dort gehört es auch wieder hin.
    Und bitte ohne die Widmung für die Gefallenen der Napoleonischen Kriege.

    Gruß

    Markus Heinrich

    • Zu den aufgeworfenen Fragen der Reihe nach:

      2012 begingen wir in unserem Dorf eine 800-Jahrfeier, welche ihresgleichen sucht. Inspiriert von der Geburtstagsfeier „100 Jahre Antoniuskapelle“, die wir 2010 veranstalteten, erwies sich das 800-Jahr-Jubiläum als Steigerung des Dorflebens in vielen Belangen.
      In 8 Veranstaltungen wurde auf unterschiedlichste Weise der bewegenden Geschichte unseres Dorfes gedacht. Dabei gelang es sogar – womit man nicht unbedingt rechnen konnte – vergessen geglaubte Ereignisse unserer Dorfgeschichte wieder ans Licht zu bringen. Insbesondere die Dorf- und die Schulchronik, welche Dorfschullehrer Peter Adam im beginnenden 20. Jahrhundert aufgeschrieben hatte, gaben lebendige Eindrücke von der wirtschaftlichen und kulturellen Blüte unseres Dorfes um die vorletzte Jahrhundertwende: Vereine in großer Zahl wurden gegründet, die Dorfschule wurde gebaut (1901), und eine schöne neoromanische Kapelle „sparte man sich vom Munde ab“ (1910). Genauso fesselnd waren die Berichte über die Beschwernisse, welche der 1. Weltkrieg auch in unser Dorf brachte. Nicht zuletzt war er trotz großer vaterländischer Euphorie mit einem hohen Blutzoll zu bezahlen: 16 Saubacher Jungs kehrten aus dem „Großen Krieg“ nicht zurück. Die Folgen, welche das Saargebiet durch die Abspaltung vom Deutschen Reich zu tragen hatte, mussten auch von unseren Vorfahren erduldet werden.
      Es gelang uns, in einer hochwertigen Festschrift der großen Ereignisse unserer Dorfgeschichte zu gedenken. Stolz darf man in diesem Kontext sein, dass (fast) alle Gefallenenschicksale des 1. und 2. Weltkriegs erhellt werden konnten. Aber nicht nur die Gefallenen des Dorfes, sondern auch die beiden kriegsbedingt ums Leben gekommenen Kinder und die beiden NS-Opfer des 2. Weltkriegs (ein erwachsener Regimegegner und ein behindertes Kind) wurden durch beeindruckende und würdige Gedenkveranstaltung im Zuge der 800-Jahrfeier geehrt.
      Im Nachklang zu diesen Jubiläumsfeiern verständigte man sich in unserem Kultur- und Heimatverein „Unser Niedersaubach“ darauf zu versuchen, Relikte der Vergangenheit, welche von der endgültigen Zerstörung bedroht waren, zu bergen und von ausgewiesenen Fachleuten im Hinblick auf eine mögliche Wiederherstellung untersuchen zu lassen. Es handelte sich um das Napoleonkreuz in Rümmelbach, das zertrümmert und verwittert in Bruchstücken in einer Wiese lag. Dessen Bewandtnis konnte man durch alte Bilder und die mündliche Überlieferung des Dorfes gut erklären. Dagegen wusste man über einen „Kreuz-Torso“ am Rande des Saubacher Banns an der Rennstraße am östlichen Ausläufer des Saubacher Bruchwaldes nichts. Über dessen Geschichte stand in einschlägigen Schriften nichts zu lesen. Dieser Torso war der unkenntlich gewordene Rest des mittleren Blocks eines Barock-Kreuzes, bei dem das Kreuz selber zerstört worden war; irgendwelche Reste von diesem Kreuz waren im Gebüsch, in dem der Steinblock eher lag als stand, nicht mehr zu finden. Der bis zur Unkenntlichkeit verwitterte und durch Gewaltanwendung beschädigte Steinbrocken trug ein primitives Stahlkreuz, das kein zeitgenössisches gewesen sein konnte; es war oben in den Altarstein hineingetrieben worden und durch einen Betonkranz in einer ausgeschlagenen Mulde gehalten worden. Der Sandstein hatte kein Fundament, war also nicht „gegründet“ (es gab keinen Kreuzsockel mehr). Man konnte nicht sicher sein, ob dieses Barockkreuz ehedem dort gestanden hatte oder ob der schwer in Mitleidenschaft gezogene Mittelteilrest vielmehr nach seiner massiven Zerstörung dort abgelegt wurde. Das Stahlkreuz als Fremdkörper tat diesem Sandstein ebenfalls nicht sonderlich gut, weil durch diese „Wunde“ Wasser ins Innere eindringen und die bekannten Schäden anrichten konnte.
      Man kann nur spekulieren, wer dieses Barockkreuz so arg zerstört hatte. In der einschlägigen Literatur ist nachzulesen, dass die französischen Behörden um 1800 in unserer Gegend – wir waren französische Staatsbürger geworden – religiöse Symbole, also auch Wegekreuze abgebaut bzw. abgebrochen hatten, weil der französische Staat äußerst antiklerikal eingestellt war. In der folgenden Preußenzeit nach 1815 wurden solche zerstörten Wegekreuze oft von den Menschen wiedererrichtet und manchmal auch neu gewidmet. Vielleicht liegt hier der Schlüssel zum Verständnis des Mahnmals? Wer weiß das schon!
      Für die Wiederherstellung der beiden Kreuze konnten wir zwei ausgewiesene Fachleute gewinnen. Zum einen ist da der Überrother Edwin Reis, ein erfahrener Steinmetz und Sachverständiger seiner Innung, der schon viele Sanierungsprojekte solcher Art im Bohnental, in Wadern, in der Abtei Tholey und im St. Wendeler Land über viele Jahre durchgeführt hatte. Herausragend war in seinem Schaffen die Sanierung des Mosaiks des heiligen Michael an der Lebacher Grundschule:
      https://www.reis-und-wilhelm.de/leistungen/sanierung-und-restaurierung, und auch die Sanierung des Barockkreuzes beim Anwesen „Lor“ in der Antoniusstraße, das die Saubacher „Pedersch Kreuz“
      https://unser-niedersaubach.de/?p=523 nennen, ist seiner Handwerkskunst zu verdanken.
      Walter Lesch, der Zweite im Bunde, ist im Lebacher Raum, insbesondere im Theeltal, noch bekannter. Seit 1973 hat er zahlreiche Wegekreuze von Grund auf saniert. Dabei hat er sich intensiv mit den Inschriften dieser Mahnmale beschäftigt, und das auch dort, wo nicht mehr viel zu erkennen war und Inschriften aufwändig rekonstruiert werden mussten. Er bediente sich dabei einer von ihm selber entwickelten besonderen Fotografiertechnik, welche durch unterschiedliche Fotorgrafierumstände (heiße oder kalte Temperaturen, helle oder dunkle Lichtverhältnisse) Außergewöhnliches ans Tageslicht brachte. Seine filigrane Technik hat die Saarbrücker Zeitung in einem Artikel vom 11. Februar 2014 gewürdigt /https://hv-lebach.de/?p=1790/. Für Lebach hatte er die Restaurierung des Turnerdenkmals in „Böhmen“, errichtet im Gedenken an die Gefallenen des 1. Weltkriegs, mitzuverantworten. Für sein Lebenswerk hatte ihm Bürgermeister Brill am 15. November 2014 im Namen der Lebacher Bürgerschaft die Ehrenmedaille der Stadt Lebach überreicht.
      Ich darf nun ganz vorsichtig im Hinblick auf die Sanierung des Rümmelbacher Kreuzes und des Tannecker Kreuzes fragen: Kann man für ein solches Sanierungsprojekt ausgewiesenere, kompetentere, integerere Fachleute gewinnen als Edwin Reis und Walter Lesch?
      Ich empfehle zum Ersten, sich noch einmal anzuschauen, in welch erbärmlichem Zustand wir die Trümmer des Rümmelbacher Napoleonkreuzes im März 2015 geborgen hatten:
      https://unser-niedersaubach.de/?p=6837#! An Pfingstsonntag 2016 wurde es zur Freude der Saubacher und Rümmelbacher von Pastor Zangerle eingesegnet und der Öffentlichkeit übergeben.
      Zum Zweiten ist zu berichten, dass wir den Steintorso auf Tanneck an demselben Tag bargen wie die Rümmelbacher Kreuztrümmer. Bei allen Restaurierungsmaßnahmen ist zu bedenken, dass man Technik und Geld braucht, um solche Projekte zu stemmen. An diesem Tag hatte Edwin Reis uns einen Laster, einen Kran und sich selber zusammen mit einem Mitarbeiter kostenlos für die Bergungsaktion zur Verfügung gestellt, um die Kreuztrümmer vor der endgültigen Zerstörung zu retten.
      Hier ist ein Bild von dem rundum schwer beschädigten Steinrumpf zu sehen, den wir da im März 2015 aufgelesen hatten:
      https://unser-niedersaubach.de/wp-content/uploads/2017/10/Begutachtung.jpg
      Und hier darf man das Ergebnis der Restaurierung des Torsos durch Edwin Reis bestaunen: https://unser-niedersaubach.de/wp-content/uploads/2017/10/Meisterwerk.jpg
      Für die Wiederherstellung des Tannecker Kreuzes hat Edwin Reis häufig innere Zwiesprache mit dem zerborstenen barocken Stein gehalten, um sich vorsichtig an die Rekonstruktion der feinen barocken Formen zu wagen. Er hat es gewagt, auf die barocken Konturen des neu gestalteten Mittelblocks ein Kreuz zu setzen, das die Anmut des Steines aufnimmt und krönt. Und das es wieder einen Sockel als tragende Basis erhalten sollte, lag auf der Hand.
      Und nun zur Widmung: Walter Lesch hat diesen Stein über viele Jahre „betreut“ und „bewundert“, um sein Geheimnis zu erfahren. Er hat ihn fotografiert, im Sommer, im Winter, in der Nacht und am Tag. Er hat die erkannten Schriftbilder verglichen mit den unzähligen Kreuz-Inschriften, die er über fast 45 Jahre in Lebach begutachtet hat. Walter Lesch zeigte uns das Schriftbild, das er „herausfotografiert“ hatte: „Errichtet den Gefallenen 1813“.
      Ursprünglich wollten wir das restaurierte Kreuz auch wieder am alten Standort am Rande des Bruchwaldes an der Rennstraße aufrichten. Nun kam aber die Sorge auf, dass ein solches Kunstwerk weit am Rande des Dorfes dem Vandalismus zum Opfer fallen könnte. Dafür gibt es schließlich einige unrühmliche Beispiele aus unserer Gegend. Wir wollten es selber aber nicht entscheiden, sondern baten den Ortsrat, die Argumente abzuwägen (was schließlich nicht einfach ist) und einen Entschluss zu fassen. Und der Ortsrat beschloss nach sorgfältiger Abwägung der Pro- und Contra-Argumente, wie es sich in einem demokratischen Gemeinwesen gehört, das Kreuz in den Schutz der Antoniuskapelle zu holen. Schließlich ist unsere Antoniuskapelle, die ca. 100 Jahre nach den Napoleonischen Kriegen erbaut wurde, ja auch der Ort, an dem die Saubacher ihrer Gefallenen gedenken. Es gab also viele gute Gründe, diesen neuen Standort auszuwählen. Es gibt sicherlich weiterhin gute Gründe, für den ursprünglichen Standort zu votieren.
      Ich gebe zu bedenken, dass in wenigen Jahren von den beiden Kreuzen, über die ich gesprochen habe, nichts mehr übrig gewesen wäre, über das wir kontrovers sprechen könnten.
      Ich möchte nochmals ausdrücklich unseren Baumeistern Edwin Reis und Walter Lesch dafür danken, dass sie uns geholfen haben, diese Relikte aus der Vergangenheit unseres Dorfes zu bewahren. Ebenso möchte ich der Rümmelbacher Dorfgemeinschaft und den Spendern danken, dass sie die nicht unerheblichen finanziellen Mittel bereit gestellt haben, die Erinnerungskultur unseres Dorfes wach zu halten.
      Herzlichen Dank!

      Zwischen den Jahren 2017/ 2018

      Lothar Schmidt

      • Es sind also nicht Fakten sondern die Inschrift, die Herr Lesch dort lesen will, die das Kreuz zu einem Napoleonkreuz machen. Eine Schrift die nicht eingemeißelt sondern aufgemalt war. Die anscheinend nur er erkennen kann. Es gibt doch sicher Fotos dieser originalen Inschrift, die er mit seiner speziellen Technik ans Tageslicht gebracht hat?
        Fr. Dr. Marschall vom Landesdenkmalamt sagt folgendes zu Alter und Inschrift des Kreuzes:
        „Inschriften, insbesondere die Angabe eines Setzungsjahres, sind auf den Abbildungen vor den handwerklichen Eingriffen, die Sie mir gesandt haben, nicht erkennbar. Trotz der starken Oberflächenverwitterung sind jedoch signifikante stilistische Formelemente, wie das konvexe Tabernakel, Voluten und S-Schwünge gut überkommen, so das sich daraus, analog zu anderen barocken Wegekreuzen der Region, eine Datierung in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts herleiten lässt. In Zusammenhang mit dieser stilistisch begründeten Datierung in die barocke Zeit vor 1800 erscheint die neue Inschrift mit einer Datierung in das Jahr 1813 fragwürdig. Die Funktion eines Wegekreuzes als Mahnmal entspricht wohl auch weniger den historischen Gegebenheiten, sondern vielmehr dem heutigen Zeitgeist.“

        Zeitgeist, das trifft es glaube ich ganz gut. Eine Tafel in der Kapelle hätte die beiden Toten aus unserem Dorf genauso gut geehrt. Und das Kreuz bzw. was von dem Originalkreuz noch übrig war, hätte in Würde an seinem angestammten Platz weiter „sterben“ können.

        Nun ist es ein Denkmal der Geschichtslosigkeit.

        P.S. Was ist übrigens mit den Gefallenen von 1870/71? Hat man schon ein Kreuz auf dem Bann ausgemacht, ein Sedan- oder Verdunkreuz vielleicht? Oder ein Schwedenkreuz für die Gefallenen des Dreißigjährigen Krieges?

        Gruß
        Markus Heinrich

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